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In Celluloidgewittern : Die mediale Konstruktion von Wissenschaft und Technik als Paradigma des Ersten Weltkrieges

Der Beitrag setzt sich kritisch mit der Inszenierung (und Bewertung der Rolle?) von Wissenschaft und Technik im Ersten Weltkrieg in populärwissenschaftlichen deutschen TV-Dokumentationen auseinander. Er leistet einen Beitrag zur Diskussion um den Umgang mit Bildern in der Geschichtswissenschaft und ihrer Verwendung zur medialen Konstruktion von Vergangenheit.
Die problematische Kernaussage der TV-Dokumentatoren – natur- und ingenieurwissenschaftliche Forschung und Entwicklung neuer Waffensysteme sowie die industrielle Massenfertigung von Rüstungsgütern und ihr ungehemmter Einsatz hätten der Kriegsführung eine völlig neue, moderne Dimension, wird im ersten Teil anhand aktueller Forschungsergebnisse zum Ersten Weltkrieg kritisch beleuchtet. Dabei zeigt sich, dass Wissenschaft und Technik tatsächlich nur einen Teilaspekt des vielschichtigen, normativ aufgeladenen Phänomens der Moderne darstellen, die Filmemacher also mit einem verengten Modernitätsbegriff arbeiten. (Das eigentliche Wesen des Ersten Weltkriegs – die Gleichzeitigkeit moderner und rückständiger Elemente – gerät in den Dokumentationen aus dem Blick?)
Der zweite Teil des Beitrags beschäftigt sich mit der Inszenierungsform (mit den Modalitäten der Inszenierung? mit der Art und Weise der Inszenierung?) zeitgenössischen Bildmaterials und fragt nach möglichen Ursachen für die von den TV-Autoren gewählte Darstellungs- und Erzählform.
Die Entscheidung der Filmemacher, ihre Erzählung anhand einer durchgehenden Illustrierung mit zeitgenössischem Bildmaterial zu entwickeln, hat gravierende Folgen für die Erzählinhalte: eine ausführliche Bildanalyse zeigt, dass die Autoren der inneren Logik zeitgenössischer Filmaufnahmen und den darin eingravierten Diskursen in weiten Teilen folgen. Die Bildauswahl und –kommentierung verzichtet auf eine quellenkritische Analyse, was die oben erwähnte verkürzte (verzerrte?) Darstellung des Ersten Weltkrieges zur Folge hat. Rekombinationen zeitgenössischer Aufnahmen tragen auch dazu bei, eine – von heutigen ästhetischen Konzepten geprägte – Idee des modernen Krieges zu perpetuieren. Und schließlich knüpft die spezifische Darstellungs- und Erzählform über den Ersten Weltkrieg an aktuelle Strömungen der bundesdeutschen Erinnerungskultur an.

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