Public history

Die Aachener Thomas-Stahlforschung als kulturelles Kampffeld : Fritz Wüst, der Aachener Hütten-Aktien-Verein und die Forschungen der Technischen Hochschule Aachen zur Verbesserung des Thomas-Verfahrens 1901–1918

Auf dem Feld der Thomas-Stahlforschung bestanden zwischen 1901 und 1918 besondere Voraussetzungen für eine enge Wechselwirkung zwischen der Technischen Hochschule Aachen und dem Aachener Hütten-Aktien-Verein in Rothe Erde bei Aachen. Der 1901 nach Aachen berufene Professor Fritz Wüst betrieb mit Nachdruck die Verwissenschaftlichung der Eisenhüttenkunde. Zu seinem Programm gehörten experimentelle Feldstudien, Laborforschung und Theoriebildung. Das Hüttenwerk in Rothe Erde war bis 1918 einer der bedeutendsten deutschen Thomas-Stahlproduzenten.
Die räumliche Nähe der beiden Institutionen und gute Kontakte des Betriebsdirektors Fritz Kintzlé zur Hochschule ließen eine fruchtbare Zusammenarbeit erwarten. Ein Blick auf die Beiträge des Aachener Eisenhüttenmännischen Instituts zur Verbesserung des Thomas-Verfahrens zeigt in der Folge jedoch ein anderes Bild. Zwar entstand 1907 mit der Doktorarbeit von Leo Laval eine wegweisende experimentelle Untersuchung des Thomas-Prozesses, jedoch resultierten daraus keine Impulse für weitergehende Forschungsvorhaben. Im Gegenteil – ausgehend von Lavals Arbeit, entwickelte Wüst die durchaus provokante These, dass das Thomas-Verfahren binnen kürze von den Herdfrischverfahren abgelöst werden würde. Dementsprechend fanden am Aachener Institut bis 1918 keine herausragenden Forschungen zum Thomas-Verfahren mehr statt. Zur Erklärung von Wüsts Haltung schließt der Beitrag mit der Deutung der Thomas-Stahlforschung als kulturelles Kampffeld im Sinne von Pierre Bourdieu.

Show this publication on our institutional repository (orbi.lu).